von Hannes G. Mathias
Bad Vilbel.„Mit allen Wassern bin ich nicht gewaschen.“ Sagt sie. Aber dann
springt sie dennoch als Lebedame Edith von Turoff den gesetzten Konsul
Kossmann, genannt Mops, regelrecht an. Fällt ihm um den Hals, herzt ihn,
schmachtet ihn mit Kehllauten an, lacht unvermittelt.
Das Publikum ist hin und weg, spendet Szenenapplaus. Dieses Lachen!
„Das Publikum muss denken, wir haben einen völligen Schuss. Die Szene
ist wirklich grenzwertig. Sie darf nicht zum Klamauk ausarten“, sagt
sie. Es hat schon Überwindung gekostet. Denn wann wirft sich eine Frau
einem Mann, auch wenns der Kollege ist, einfach so ungestüm an den Hals?
Aber für das Energiebündel Anna Schönberg gilt: „Es geht nur voll
reinspringen. Oder man lässt es.“
Unvermitteltes Lachen
Ach ja, ihr schriller, unvermittelter, gealberter Lacher entwickelte
sich erst „auf den letzten Metern der Proben“, wie sie sagt. Das
Ensemble saß in geselliger Runde beisammen, unterhielt sich prächtig,
und Anna lachte lauthals, oft und gern. Regisseurin Adelheid Müther
reagierte sofort. Irgendwas hatte in der Inszenierung des Paars
Edith/Kossmann noch gefehlt. Jetzt wurde der Lacher der Knüller. Auch
Olga Tschechowa hatte in dem berühmten Film von 1931 einen Lacher drauf.
Annas allerdings ist besser. Trübsal blasen ist nicht das Ding von Anna
Schönberg. In ihrer Schauspielkarriere hat die in Berlin lebende und
seit zwei Jahren freischaffende Künstlerin gelernt, sich nicht
unterkriegen zu lassen.
„Egal wie die Umstände sind, ob mir eine Szene nicht passt oder mir
die Regie nicht liegt oder wenn was schiefgeht, ich lasse mir die
Spiellust nicht nehmen. Bei mir ist Lachen Lebenshaltung.“ Niemand fand
es verwunderlich, dass es sie zu Theater und Film zog, auch wenn jede
ihrer drei Schwestern inzwischen einen akademischen Beruf ausübt „Ich
war immer so“, sagt sie.
Sie war fünf, als sie in ihrer Heimatstadt Hildesheim mit Ballett
anfing und wenig älter, als sie Seiltänzerin werden wollte. Dann sollte
es Zirkusclown sein. Einen kleinen Zirkus hatte sie schon als
Viertklässlerin auf dem Dachboden gegründet. Erwachsen geworden, machte
sie eine Schauspielausbildung.
Spuren hinterlassen
Das Wiener Max-Reinhard-Seminar schloss sie nach vier Jahren 2004 mit
Auszeichnung ab. Einen Clownsworkshop besuchte sie dort bei Giora
Seeliger und war beeindruckt von der Begegnung mit dem weltberühmten
Pantomimen Samy Molcho. Das hat Spuren hinterlassen. Zu sehen bei ihrer
Slapstick-Einlage beim Einbrecher-Fang als mit Kissen ausgestopfte Dicke
Bertha in Kästners „Pünktchen und Anton“.
Inzwischen hat die Künstlerin Dutzende Rollen an Theatern gespielt,
war drei Jahre lang am Theater in Paderborn engagiert. Seit 2009 hat sie
regelmäßige Filmauftritte in kleineren Rollen.
Zuletzt war sie im Fernsehen in „Der Kriminalist“, in der Reihe „Soko
Wismar“ zu sehen. Außerdem wirkt Anna Schönberg in dem Fernsehspiel
„Der Fall Bruckner“ mit, der im kommenden Jahr in der ARD gesendet wird.
Sie liebt das Theater, aber auch das psychologische Kammerspiel ist
ihre Sache. „Ich will eine gute Schauspielerin sein und nicht nur Lacher
am laufenden Band erzeugen“, erläutert sie ihren Ehrgeiz.
Aber jetzt genießt sie in Bad Vilbel erst einmal den Sommer, auch
wenn er oft trüb daherkommt. Der Kaffee schmeckt ihr besonders gut – in
der Burg und beim Lorenzo. Ach ja, in ihrer Freizeit genießt sie das
Vilbeler Bad als Inhaberin einer Dauerkarte. Dann steht eine
Griechenlandreise auf der Agenda. Und wie es weitergeht? „Mal sehn, was
kommt“, sagt sie nur.